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Jaspers, Karl

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Lebenslauf

Geboren: 23. Februar 1883 in Oldenburg
Gestorben: 26. Februar 1969 in Basel

Karl Jaspers wurde als Sohn einer wohlhabenden Oldenburger Bankiersfamilie geboren und liberal-konservativ erzogen. Er studierte ab 1901 in Heidelberg zunächst Rechtswissenschaft, was er 1902 aber aufgab. Von 1902 – 1908 studierte er Medizin in Berlin, Göttingen und Heidelberg und promovierte 1908 in Heidelberg im Fachgebiet Psychiatrie. 1913 habilitierte sich Jaspers als gerade Dreißigjähriger am Philosophischen Institut in Heidelberg in Psychologie mit der heute noch bedeutsamen Arbeit „Allgemeine Psychopathologie“. Von 1916 – 1921 lehrte Jaspers am Philosophischen Seminar in Heidelberg Psychologie und wurde 1922 aufgrund seiner Bemühungen um die psychologische Analyse philosophischer Weltbilder und Wertungen auf einen Lehrstuhl für Philosophie berufen. 1937 wurde ihm ein Lehrverbot erteilt, weil er sich nicht von seiner jüdischen Frau trennte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lehrte Jaspers zunächst wieder in Heidelberg Philosophie. Enttäuscht von den politischen Entwicklungen verließ er jedoch 1948 Deutschland, um in Basel eine Philosophieprofessur anzunehmen, die er bis 1961 innehatte.


Bedeutung

Karl Jaspers war ein bedeutender deutscher Philosoph des 20. Jahrhunderts und der entschiedenste Vertreter der Existenzphilosophie in Deutschland, die sich strikt gegen den Existentialismus Sartres absetzte. Seine einführenden Schriften zur Philosophie haben ihn einem breiteren Publikum bekannt gemacht.


Lehre und Gedanken

In seinem 1932 erschienenen dreiteiligen philosophischen Hauptwerk „Philosophie“ (1932) stellt Jaspers grundsätzliche Ideen der Existenzphilosophie dar. Beeinflusst von Kierkegaard, Nietzsche und dem französischen Existentialismus geht er von der These aus, dass dem Menschen seine Welt und sein Leben zunächst als sinnlos und absurd erscheinen. Existenzphilosophie ist für Jaspers vor allem „Existenzerhellung“, wie auch der zweite Band seines Hauptwerkes überschrieben ist und befasst sich mit dem Sein als Ganzem. Das menschliche Sein birgt für Jaspers vier Verwirklichungsdimensionen des Menschen: erstens das rein biologische Dasein, zweitens das Dasein als Bewusstsein, drittens das geistige Dasein, verstanden als Teilhabe an ganzheitlichen und sinnstiftenden Ideen und viertens das Dasein als Existenz, das Jaspers als eigentliches Selbstsein, als Möglichkeit des wahren Menschseins versteht.

Die so verstandene Existenz ist dem Menschen noch nicht von Geburt an mitgegeben, sondern ist die zu verwirklichende Aufgabe des Selbstseins. Existenz bezeichnet also die Selbstfindung und das Selbstsein des Menschen und ist immer auch auf den anderen gerichtet. Daher ist für die Selbstverwirklichung von Existenz Kommunikation von entscheidender Bedeutung, denn nur durch und mit dem anderen erlange ich Wissen und Klarheit über mich selbst. In der Kommunikation treibt sich Jaspers zufolge das Selbst im Anderen „im liebenden Kampf“ gegenseitig hervor.

Besonders in Situationen, die uns die Grenzen unserer gewohnten Handlungsstrategien vor Augen führen, ist der Mensch auf sein existentielles Selbst zurückgeworfen und auf Kommunikation mit dem Mitmenschen angewiesen. Solche Situationen sind beispielsweise Tod, Leiden, Kampf, Schuld und Geschichtlichkeit; Jaspers nennt sie „Grenzsituationen“.

„Grenzsituationen erfahren und Existieren ist dasselbe.“ (Karl Jaspers: Philosophie, Band II)

Der scheinbare Halt am bloßen körperlichen und seelischen Dasein bricht im Leiden oder im Angesicht der Geschichtlichkeit und Todgeweihtheit des Menschen zusammen und verweist den Menschen auf sein inneres Selbst, auf seine Existenz. In Grenzsituationen steht man am Ausgangspunkt für die „Existenzerhellung“: Die Erfahrung von Einsamkeit und Sinnlosigkeit, die die Sicherheit des Alltags erschüttert, ist die unabdingbare Voraussetzung für die Entdeckung und Verwirklichung des eigenen Selbst.

Eine explizite Ethik hat Jaspers mit Verweis auf die individuelle Wahlfreiheit immer abgelehnt. Als Leitfaden für das praktische Handeln kann aber die dem Menschen aufgegebene Existenzerhellung dienen. Diese ist nach Jaspers durch „innere Aneignung“, „Gelassenheit im Wissen“, „tiefe Heiterkeit“, „Offenheit gegen sich und andere“ und „Tapferkeit“ zu erreichen. Dabei weist die Vernunft den Weg zur individuellen Selbstwerdung und bringt moralische und politische Einstellungen wie Redlichkeit, Wahrhaftigkeit, Verantwortungsbewusstsein oder Uneigennützigkeit hervor.


Hauptwerke von Karl Jaspers

„Philosophie“ (1932)
Karl Jaspers: Philosophie, 3 Bände. Berlin u. a.: Springer 1973.

„Einführung in die Philosophie“ (1950)
Karl Jaspers: Einführung in die Philosophie. München: Piper 2008.


Über Karl Jaspers

Hans Saner: Karl Jaspers. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek: Rowohlt 2005.

Werner Schüssler: Jaspers zur Einführung. Hamburg: Junius 1995.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2009

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